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Alles über das Temperieren von Schokolade

Ein Herstellungsschritt zwischen Technik und Intuition.

Veröffentlicht von Quentin Guirao am 21 März 2025
Gast

Für mich als Chocolatier ist das Temperieren oder Vorkristallisieren von Schokolade einer der faszinierendsten und massgeblichsten Schritte im Prozess. Temperieren ist nicht nur eine Technik, sondern ein Ritual, das die Magie von Schokolade in all ihren Facetten offenbart.

Wenn eine Schokolade gut temperiert wurde, glänzt sie, bricht sauber und zergeht mit einer unwiderstehlichen Süsse auf der Zunge. Heute nehme ich Sie mit in diese Welt, wo zur Chemie auch Herzblut kommen muss, damit Schokoladenwunder geschehen.

Was versteht man unter Temperieren?

Das Temperieren von Schokolade dient dazu, die Kristallisation der im Kakao enthaltenen Kakaobutter zu steuern. Kakaobutter kann in sechs verschiedenen Formen auskristallisieren. Angestrebt wird die V-Form, die die Schokolade glänzend, fest und knackig macht. Die sogenannten stabilen Kristalle sind temperaturbeständiger als die instabilen Kristallformen, die sich bei erneutem Erhitzen auf über 28 °C auflösen.

Ohne Temperierung wirkt Schokolade stumpf und kann gar weisse Spuren aufweisen, während die Textur weich oder bröckelig ist. Das Temperieren von Schokolade führt also zum berühmten Knacken beim Hineinbeissen – und sorgt für gute Stabilität und lange Haltbarkeit.

Die verschiedenen Methoden des Temperierens

Jede Methode zielt letztlich darauf ab, ein bis zwei Prozent stabile Kristalle für den weiteren Herstellungsprozess – Formen oder Überziehen – zu erhalten, und immer braucht es eine Mischung aus Zeit und Bewegung, damit die Temperatur ihr Werk vollbringt.

Zwar sind Temperiermaschinen in der handwerklichen und industriellen Schokoladenproduktion weit verbreitet, aber manuelle Methoden ergeben denselben Effekt.

Tabliermethode oder Temperierung auf Marmor

Diese handwerkliche Methode, die immer weniger Chocolatiers perfekt beherrschen, erfordert Platz, Zeit und intensive Handarbeit. Die Hauptschritte sind:

1. Schmelzen der zuvor hergestellten Schokolade

Man schmilzt zunächst die Schokolade je nach Typ bei einer bestimmten Temperatur. In der Regel passiert dies im Wasserbad, wobei man darauf achten muss, die Schokolade nicht durch eine zu hohe Temperatur zu verbrennen.

  • Dunkle Schokolade: wird auf 50 bis 55 °C erhitzt
  • Milchschokolade: wird auf 45 bis 50 °C erhitzt
  • Weisse Schokolade: wird auf 40 bis 45 °C erhitzt

2. Abkühlen auf Marmor, um V-förmige Kristalle zu erhalten

Man giesst dann einen Teil der geschmolzenen Schokolade, meistens zwei Drittel, auf eine Oberfläche. Das kann eine Marmor- oder Granitplatte oder auch ein geeigneter Tisch sein. Mit einem Spachtel und einer Winkelpalette bewegt man die Schokolade kontinuierlich, damit sie gleichmässig abkühlt.

  • Dunkle Schokolade: wird auf ca. 28-29 °C abgekühlt
  • Milchschokolade: wird auf ca. 27-28 °C abgekühlt
  • Weisse Schokolade: wird auf ca. 26-27 °C abgekühlt

3. Erhöhen der Temperatur und Einschmelzen unerwünschter Kristallformen

Man rührt nun die abgekühlte Schokolade in den Teil der Schokolade ein, der im Wasserbad verblieben ist. Auf diese Weise wird sie auf die perfekte Verarbeitungstemperatur gebracht:

  • Dunkle Schokolade: 31-32 °C
  • Milchschokolade: 29-30 °C
  • Weisse Schokolade: 28-29 °C

Impfmethode

Diese Methode verwende ich am häufigsten, weil sie sehr einfach ist. Dabei schmilzt man zwei Drittel Schokolade, die man temperieren möchte, und fügt ein Drittel Stückchen oder Kuvertüre einer perfekt vorkristallisierten Schokolade hinzu. Die feste Schokolade senkt die Temperatur und liefert die berühmten stabilen Kristalle. Die oben genannten Temperaturen gelten auch hier, aber der Schritt der Erzeugung von Kristallen entfällt, da diese mit den Schokoladenstückchen hinzugefügt werden.

Wichtig ist bei dieser Methode die Kristallstruktur der hinzugefügten Schokolade:

  • Wurde die Schokolade perfekt temperiert, enthält sie stabile Kristalle, die sich in der Masse verteilen.
  • Anderenfalls muss man die schlecht temperierte Schokolade vor der Verwendung mindestens drei Monate ruhen lassen, damit dadurch die instabilen in stabile Kristalle umgewandelt werden.
  • Bei einer noch einfacheren Methode kann das Impfen auch durch die Zugabe von Kakaobutter mit vielen stabilen Kristallen (zum Beispiel Mycryo oder Magic Temper) erfolgen. Hier schmilzt man einfach die Schokolade, lässt sie bis knapp über die Verarbeitungstemperatur abkühlen und fügt 1,5 Prozent vom Gewicht der verwendeten Schokolade als feste Kakaobutter hinzu. Gut verrühren – fertig!

Temperieren in der Mikrowelle

Diese Methode ist weniger traditionell, aber bei kleinen Mengen praktisch. Man erhitzt die Schokolade einfach in kurzen Intervallen von 10 bis 15 Sekunden und rührt sie jeweils gut durch, bis sie die Verarbeitungstemperatur (siehe 3.) erreicht hat. Die Temperatur darf nicht überschritten werden, da sich die stabilen Kristalle sonst auflösen.

Über den Autor

Der französische Chocolatier Quentin Guirao lebt seit rund zehn Jahren in der Schweiz und ist derzeit in der Confiserie Christian Boillat in Saint-Prex nahe Lausanne tätig. Er geht ganz in seiner Arbeit auf und ist stolz darauf, die Schweiz 2026 bei den „World Chocolate Masters“ vertreten zu dürfen.
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